Was versteht man unter „Energetische Sanierung“?

Die Anforderungen der Gebäudenutzer und damit die Bauweise von Wohnraum und Büroflächen haben sich in den letzten 100 Jahren sehr verändert. Noch vor ca. 50 bis 60 Jahren war es durchaus üblich, dass während der kalten Jahreszeit nur ein bis zwei Räume im Wohnhaus beheizt wurden. Dafür war relativ wenig Heizenergie erforderlich und damit hatte das Thema Wärmedämmung einen sehr untergeordneten Stellenwert. Bei Renovierungsmaßnahmen wurden dann zunehmend Zentralheizungen eingebaut. Dadurch dass nun das gesamte Haus beheizt werden konnte, hat sich die Fläche zwischen dem beheizten Wohnraum und der kalten Außenluft (man spricht hier von der Gebäudehüllfläche) drastisch erhöht. Bei einer energetischen Sanierung sollen genau diese Hüllflächen so verbessert werden, dass – vereinfacht gesagt – die Wärme drinnen und die Kälte draußen bleibt. Der zweite Bereich der energetischen Sanierung betrifft die Verbesserung der Gebäudetechnik, also die Wärmeerzeugung und Verteilung (Heizung) und – sofern vorhanden – die Lüftungs- und Klimatechnik.

Welche Vorteile hat eine energetische Sanierung?

Wie in den Medien sehr umfassend behandelt, führt der weltweit enorme Energieverbrauch zu einer Erwärmung unseres Klimas mit noch nicht absehbaren Folgen für unseren Lebensraum. Die Reduzierung des Energieverbrauchs betrifft damit die gesamte Gesellschaft. Einsparungen im Bereich der Heizenergie sind damit auch ein Teilaspekt des Themas. Aber auch ganz individuell wirkt sich eine Verminderung der erforderlichen Wärmemenge positiv aus. Insbesondere bei Altbauten kann durch Sanierungsmaßnahmen der Energieverbrauch und damit die Kosten um 50 %, teilweise sogar um zu bis 80 %, reduziert werden.

Welche Konsequenzen sind mit einer energetischen Sanierung verbunden?

Sofern energetische Sanierungsmaßnahmen erfolgen sollen, ist immer eine ganzheitliche Betrachtung anzuraten. Die in den 2000er Jahren sehr populäre Maßnahme des Fenstertausches hat zwar vordergründig eine Energieeinsparung bewirkt, aber sehr häufig zu massiven Problemen im Wohnraum durch Schimmelbildung geführt. Dabei waren nicht die wärmedämmenden und dichten Fenster das Problem, sondern die isolierte Betrachtung der Verbesserung. Durch einfache Zusatzmaßnahmen, wie Dämmmaßnahmen an den Fensterlaibungen und bewusste Verbesserung der Wohnraumlüftung hätten viele Schäden vermieden werden können. Mit Wärmebildaufnahmen können solche Defizite sichtbar gemacht werden.

Wärmebrücken am Fenster; Wärmebildaufnahme und Foto

Die Thermografieaufnahme zeigt wärmetechnische Defizite in der Fensterlaibung

Vor der Umsetzung von konkreten Maßnahmen empfiehlt es sich daher, die gesamte Gebäudehülle und die Gebäudetechnik hinsichtlich der möglichen Verbesserungspotentiale zu untersuchen. Werden dann eine oder mehrere bauliche Veränderungen vorgenommen, sind auch immer die anschließenden Bauteile zu betrachten. Wird das energetische Niveau angehoben, können bisher „gute“ Bauteile plötzlich zum Problem werden. Es sollten deshalb im Vorfeld Fachleute hinzugezogen werden, die eine unabhängige fundierte Beratung liefern können, wie z. B. Energieberater oder öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige.

Energetische Sanierung: Gebäudehülle – Wärmedurchgangskoeffizient

Der Wärmedurchgangskoeffizient, oft auch einfach „U-Wert“ bezeichnet (bzw. früher „k-Wert“), ist eine Kenngröße, mit der man die Qualität der Wärmedämmung eines Bauteils beschreibt. Der U-Wert wird aus der Wärmeleitfähigkeit der einzelnen Bauteilschichten (z. B. Mauerwerkswand: Außenputz + Mauersteine/Mauermörtel + Innenputz) und aus dem Übergangsbereich der Außen-/Innenluft zum Bauteil berechnet. Der U-Wert wird gerne zum Vergleich unterschiedlicher Bauteilaufbauten herangezogen und oft auch in Prospekten oder Werbungen angegeben. Welcher U-Wert konkret einzuhalten ist, wird bei einem Nachweis nach dem „Gebäudeenergiegesetz“ (GEG) berechnet. Die Mindestwerte sind in der DIN 4108, Teil 1 und 2, angegeben und sollen Bauteile verhindern, bei denen Schimmel entsteht.

Energetische Sanierung: Gebäudehülle – Luftdichtheit

Als sehr wesentlichen Punkt hat man erkannt, dass das Gebäude eine luftdichte Hülle haben muss. Das bedeutet nicht, dass kein Luftaustausch vorhanden sein soll. Der Luftwechsel soll jedoch nicht unkontrolliert durch Leckagen in der Hüllfläche erfolgen, sondern ganz gezielt durch Lüften der Bewohner oder Lüftungsanlagen. Dadurch wird nicht nur einem schleichenden Energieverlust vorgebeugt, sondern es werden auch Schäden durch Kondensat an den Undichtigkeiten vermieden.

Energetische Sanierung: Anlagentechnik

War bisher fast nur von der Gebäudehüllfläche die Rede, so ist der Blick auf die Gebäudetechnik oder Anlagentechnik ebenso wichtig. Ein Beispiel: Alte Öl- oder Holzkessel haben Abgastemperaturen von über 200 °C. Wärme die ungenutzt nach außen abgegeben wird. Bei modernen Ölbrennwertgeräten liegt die Abgastemperatur bei unter 40 °C. Hier wird deutlich mehr Energie für die Nutzung im Haus verwendet. Noch effizienter sind Wärmepumpen. Die vielfach geäußerten Bedenken, dass diese nur bei Neubauten eingebaut werden können, sind so pauschal nicht zutreffend.

Ebenfalls sollte die Wärmeverteilung im Fokus stehen. Alte Zentralheizungen haben durch große Leitungsquerschnitte und teilweise ungedämmter Leitungsführung schon auf dem Weg zum Heizkörper nennenswerte Verluste. Zusammen mit einem „hydraulischen Abgleich“, einer Maßnahme, dass an den jeweiligen Heizkörpern nur die Energie zur Verfügung steht, die notwendig ist, ergeben sich auch hier Potentiale für eine Verbesserung.

Veraltete Heizungsanlage

Bei veralteten Heizungsanlagen entstehen Verluste bei der Wärmeerzeugung und -verteilung

Energetische Sanierung versus Nutzerverhalten

Auch hochwertig ausgeführte Neubauten können einen hohen Energieverbrauch aufweisen. Neben der Technik ist hier der Bewohner gefragt, sein Verhalten anzupassen. Hohe Innenraumtemperaturen führen auch bei guter Dämmung zu höheren Verlusten. Meist sind auch stark wechselnde Temperaturen ungünstig, weil dafür immer wieder das Aufheizen der abgekühlten Räume notwendig ist. Besser ist es hier, eine moderate Raumtemperatur zu wählen, die je nach Erfordernis nur wenig angepasst werden muss.

Energetische Sanierung – Ja oder Nein?

Obwohl sich energetische Sanierungen fast immer auch finanziell lohnen, sind die monetären Spielräume des Eigentümers natürlich ein wesentliches Kriterium. Dennoch sollte bei älteren Gebäuden zumindest eine Beratung in Anspruch genommen werden. Häufig können auch schon durch kleinere Eingriffe erkennbar Verbesserungen erzielt werden. Die Frage sollte deshalb nicht „ja oder nein“ lauten, sondern eher „was“ oder „wieviel“. Zur Beantwortung dieser Frage sollten Sie sich individuell beraten lassen.